Wednesday, 2. January 2008

Larivière

In diesem Buche, in dem keine einzige Tatsache berichtet wird, die nicht erfunden ist, in dem es keine einzige Gestalt gibt, hinter der sich eine wirkliche Person verbirgt, in dem alles und jedes je nach Maßgabe dessen, was ich demonstrieren will, von mir erdacht worden ist, muss ich zum Preise meines Landes sagen, dass die Millionärsverwandten unserer Françoise, die ihre Zurückgezogenheit aufgegeben hatten, um ihrer schutzlosen Nichte zu helfen, die einzigen Personen sind, die tatsächlich existieren. Überzeugt davon, dass sie in ihrer Bescheidenheit nicht daran Anstoß nehmen werden, und zwar aus dem Grunde, weil sie dieses Buch niemals lesen werden, zeichne ich hier mit einem kindlichen Vergnügen und von tiefer Rührung bewegt, da ich ja nicht die Namen der vielen anderen zitieren kann, die ebenso gehandelt haben und dank denen Frankreich weiterexistiert, ihren wirklichen Namen auf, den übrigens echt französischen Namen Larivière.
-- Die wiedergefundene Zeit, Bd. 3/3, S. 3915f

Muss schon ein ganz angenehmes Gefühl sein, so in dem Roman schlechthin genannt zu werden, und dann auch noch mit so überschwänglichem Lob. Die Larivières hatten als Caféhausbesitzer ihr Vermögen gemacht und sich dann, millionenschwer, zur Ruhe gesetzt. Ihr Neffe hatte, wohl vom großen Erfolg seiner Verwandten ermutigt, mit seiner Ehefrau ebenfalls ein kleines Caféhaus eröffnet - bis der Erste Weltkrieg ihm von der Kaffeemühle in die Schützengräben trieb, wo er schließlich fiel. Was sollte also seine junge Frau nun tun?

Nun, zum Glück war ihr die Unterstützung ihrer angeheirateten Verwandten sicher, die, ungeachtet ihres fortgeschrittenen Alters und ihrer gesellschaftlichen Stellung, über drei Jahre unbezahlt in dem kleinen Caféhaus als Tellerwäscher (oder besser: Tassenwäscher) aushalfen.

Zumindest einen Eintrag in einem Blog des frühen 21. Jahrhunderts wäre das ja sicher wert gewesen. Ansonsten, falls Sie gerade an dem neuen Roman schlechthin schreiben, nähme ich Angebote als Aushilfe in Ihrem Caféhaus, insbesondere per e-mail und in Verbindung mit einem sicheren Millionenvermögen, gerne entgegen.

Und wenige Zeilen später, das sei hier noch etwas unpietistisch angefügt, wird uns die Nachricht vom Tode unseres langjährigen Freundes Robert de Saint-Loup bekanntgegeben.

Er war sicher sehr schön gewesen in seinen letzten Stunden. Er, der in diesem Leben [...] immer den Schwung des Angriffs in sich zu tragen schien, war endlich wirklich zum Angriff übergegangen.
In this book in which there is not a single event which is not fictitious, in which there is not a single personage "a clef", where I have invented everything to suit the requirements of my presentation, I must, in homage to my country, mention as personages who did exist in real life, these millionaire relations of Françoise who left their retirement to help their bereaved niece. And, persuaded that their modesty will not be offended for the excellent reason that they will never read this book, it is with childlike pleasure and deeply moved, that, unable to give the names of so many others who acted similarly and, thanks to whom France has survived, I here transcribe their name, a very French one, Larivière.
-- Time regained

Must be a jolly good feeling, to be reffered to in the novel per se, and even with this kind of appraisal. The Larivières had made a fortune as coffeehouse owners and then, with many millions, retired. Their nephew had, possibly encouraged by the success of his relatives, also opened a small coffeehouse with his wife - until the outbreak of the First World War lead him from the coffee grinder to the trench, where he eventually died. So what was his young wife to do?

Well, fortunately she could take her husband's relatives' support for granted, who, despite their advanced age and social position and without being paid, helped her, working as dishwashers (or rather: cup-washers) in the little coffeehouse for three years.

At least an entry in a blog in early 21st century that would certainly have been worth. Otherwise, in case you're currently working on the new novel per se, I would be happy to accept job offers in your coffehouse, especially via e-mail and in connection with a nice and safe fortune.

And shortly after this episode, it should be added despite its being rather sad, we are informed of the death of our old friend Robert de Saint-Loup.

He must have been very beautiful in those last hours, he who in this life had seemed always [...] to contain within himself the dash of a charge and to disguise smilingly the indomitable will-power centred in his triangle-shaped head when he charged for the last time.

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