Friday, 7. September 2007

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Und da es in den neuen, noch nicht durchmessenen Räumen, die sich vor mir dehnten, ebensowenig noch Spuren meiner Liebe zu Albertine geben würde wie in den verlorenen Zeiten, die ich soeben durchschritten hatte, solche der Liebe zu meiner Großmutter, woraus sich dann eine Folge von Perioden ergab, bei denen nach einer gewissen Pause nicht von dem, was die vorhergehende stützte, in der folgenden mehr vorhanden war, erschien mir mein Leben wie etwas, dem der Zusammenhalt durch ein in seiner Identität fortbestehendes individuelles Ich in einem Maße abging, etwas das so ziellos in der Zukunft und so ausgedehnt in der Vergangenheit war, etwas, das der Tod so leichthin hier oder dort abbrechen konnte, ohne es irgendwie zu vollenden [...].
-- Die Entflohene, Bd. 3/3, S. 3562f

Jene Stelle ist, so glaube ich, die erste, an der Proust den Charakter der verlorenen Zeit beim Namen nennt.

Diese Philosophie der menschlichen Existenz ist schon sehr bedrückend, und doch nicht leicht von der Hand zu weisen. In vielen Facetten meines Lebens muss ich auch feststellen, wie wenig Zusammenhang noch besteht zu Dingen, die einstmals so wichtig für mein damaliges Ich gewesen sein mussten -- und schon spricht man von einem damaligen Ich genau wie Proust, als sei die Kontinuität der eigenen Existenz nichts als eine Illusion.

Wie entrinnen wir diesem Dilemma?
And as in the fresh spaces, as yet unexplored, which extended before me, there would be no more trace of my love for Albertine than there had been, in the time past which I had just traversed, of my love for my grandmother, my life appeared to me—offering a succession of periods in which, after a certain interval, nothing of what had sustained the previous period survived in that which followed—as something so devoid of the support of an individual, identical and permanent self, something so useless in the future and so protracted in the past, that death might just as well put an end to its course here or there, without in the least concluding it [...].
-- The Fugitive

That passage is, I believe, the first in which Proust explicitly descibes the nature of lost time.

This philosophy of human existence is quite depressing, in fact, and still not easy to put away with. In many facets of my life I do have to recognize as well, how little connection there remains to things that must have been so important for a former self -- and here, already, one is talking about his former self just as Proust does, as though the continuity of one's one existence was nothing but an illusion.

Now how do we get out of that?

Sunday, 20. May 2007

Individuum a posteriori

Was wie ein etwas hochgestochener Begriff aus dem Werk eines Philosophen mit Hang zur Altphilologie klingt, ist was Proust an seinen Erinnerungen an die tote Albertine entdeckt:

Die Idee ihrer Einzigartigkeit war nicht ein metaphysisches "A priori", das ich aus dem schöpfte, was an Albertine individuelles war, [...] sondern ein "A posteriori", das sich aus der bedingten, aber unlösbaren Verkettung meiner Erinnerungen ergab.
-- Die Entflohene, Bd. 3/3, S. 3510

Das aber bedeutet die Aberkennung jeder individuellen Bedeutung ohne den Betrachter, der diese erst subjektiv verleiht. Das ist weniger die Frage nach dem Geräusch des umfallenden Baumes, den keiner hört als vielmehr ein Plädoyer für den Idealismus -- Bedeutung, Wichtigkeit, Substanz ist nicht den Dingen innewohnend, sie wird ihnen durch uns verliehen.

Zu dumm nur, dass einmal verliehene Bedeutung Marcel nun so viele Leiden bereiten muss -- denn die Albertine zu seinen Vorstellungen ist nicht mehr.
What sounds like a rather sophisticated term from the works of a philosopher bound to classical philology is in fact a thing Proust discovers in his memories of long-since-dead Albertine:

The idea of her uniqueness was no longer a metaphysical "a priori" based upon what was individual in Albertine, [...] but an "a posteriori" created by the contingent and indissoluble overlapping of my memories.
-- The Fugitive

This does mean the denial of individual meaning without the subject that imparts it. It's less the question about the sound of the falling tree nobody hears as a case for idealism -- meaning, importance, substance is not inherent to things, it's granted to them by us who percieve them.

Too bad the meaning once imparted now causes Marcel so much pain -- because the Albertine that matches his imagination is no more.

Friday, 13. April 2007

Was du ererbt von deinen Vätern, ...

Zweifellos besitzt man die Dinge nur durch das Mittel des Denkens, und man besitzt nicht ein Bild, wenn man es in seinem Speisezimmer hängen hat, aber nichts davon versteht, ebensowenig eine Gegend, wenn man sie zwar bewohnt, aber nie einen Blick darauf wirft.
-- Die Entflohene, Bd. 9/10, S. 3493f

Nur ein kurzer Eintrag heute, bevor ich mich wieder in den Zug nach München setze --
es ist manchmal schon ein wenig traurig, wie ungleich die materielle Möglichkeit des Besitzes und das Proust'sche Kriterium, das er in diesem Ausschnitt beschreibt, verteilt sind. Fast scheint es, dass je mehr man sich zu besitzen leisten könnte, desto weniger man wirklich in sich aufnehmen, verstehen, besitzen kann.

Allein, was uns allen bleibt, ist ja immer noch die Landschaft ;)
No doubt it is only in our mind that we possess things, and we do not possess a picture because it hangs in our dining-room if we are incapable of understanding it, or a landscape because we live in front of it without even glancing at it.
-- The Fugitive


Only a brief entry today, before I go sit on the train to Munich --
sometimes it's kind of sad, how badly distributed the material ability to possess and the Proustian criterium described in this passage actually are. It seems as if the more you're able to own, the less you're capable of really grasping, understanding, possessing.

Alas, what's left for all of us is the landscape ;)

Tuesday, 27. March 2007

Bildnisproblematik

Leute zum Beispiel, die den Krieg von 1870 erlebt haben, berichten, dass ihnen die Vorstellung des Krieges schließlich ganz natürlich geworden war [...]. Damit sie sich aber wieder bewusst wurden, was für ein seltsames und bedeutungsvolles Phänomen ein Krieg sei, musste irgend etwas sie aus dem Zustand des ständigen Druckes dieser Vorstellung herausreißen, so dass sie die Tatsache des Krieges einen Augenblick vergaßen und sich wieder wie in Friedenszeiten fühlten bis zu dem Augenblick, wo sich auf dieser unbeschriebenen Fläche [...] die grauenhafte Wirklichkeit [...] von neuem abzeichnete.
-- Die Entflohene, Bd. 9/10, S. 3470

Einige Seiten vorher formuliert Proust diesen Gedanken noch prägnanter: Ein Bericht von den Umtrieben Albertines berührt ihn immer weniger, "weil wir immer nur wirklich kennen, was neu ist" (S. 3462).

Das ist gewiss eine eher ungewöhnliche Ansicht, schließlich gehen wir gemeinhin davon aus, wir kennten gerade die neuen Dinge noch nicht und lernten sie dann mit der Zeit besser kennen.
Prousts Sichtweise besticht dadurch, dass sie wirklich subjektiv ist, dass sie berücksichtigt, wie unsere Erinnerungen und die vielen Konnotationen, die sie einer Sache hinzufügen, ihren wahren Charakter mehr und mehr durch das ersetzen, was wir uns von ihnen für ein Bild machen. Das erinnert sehr an Max Frischs Bildnisproblematik, ist nur (zu Recht?) noch ein Stück auswegloser formuliert.

Ist Kennenlernen möglich? Für Proust wird was er kennenlernt schließlich unkenntlich.

People who were alive during the war of 1870, for instance, say that the idea of war ended by seeming to them natural [...]. And in order to understand how strange and important a fact war is, it was necessary that, some other thing tearing them from their permanent obsession, they should forget for a moment that war was being waged, should find themselves once again as they had been in a state of peace, until all of a sudden upon the momentary blank there stood out at length distinct the monstrous reality [...].
-- The Fugitive


A few pages before that quote, Proust puts it more briefly: A report of Albertine's 'activities' with a group of women is gradually moving him less and less, "because we really know only what is novel".

This certainly is a rather unusual opinion, in fact we normally agree that we don't really know things that are new to us, but get to know them as time goes by. Proust's view is fascinating,
because it captures the subjectivity of our knowledge, it takes into account how our memories and the numerous connotations they add to the object of knowledge, gradually replace its real nature by a picture that we make of it. That strongly reminds of Max Frisch's 'Bildnisproblematik', yet is (rightfully?) put even more pessimistically.

So can we get to know anything? For Proust, what he learns to recognize, is in the end beyond recognition.

Friday, 26. January 2007

Hypothese

Ich sagte mir: "Sie hat vielleicht eine Neigung für Frauen", so wie man sich etwa sagt: "Ich sterbe vielleicht heute abend"; man sagt es sich, glaubt es aber nicht, man macht Pläne für den folgenden Tag.
 -- Die Entflohene, Bd. 3, S. 3452

Und wenn man es doch glaubte, so lebte man nicht eigentlich mehr.

Es gibt einige Dinge, die wir schlechterdings nicht glauben können. Wittgenstein hat das einmal sehr scharf formuliert. Selbst wenn einem Gläubigen einer bewiese, dass es zum Beispiel Gott nicht geben könne, könnte das nie einen Unterschied in seinem Glauben herbeiführen.

Aber es ist schon ein ziemlich gewöhnungsbedürftiger Gedanke. Schließlich gibt es kranke Menschen, alte Menschen, Menschen in großer Gefahr, die - wollen sie nicht ganz naiv sein - keine großen Pläne mehr machen können. Was ist es dann, das sie am Leben hält?

Menschsein ist schon eine verzwickte Sache.
I said to myself, “She is perhaps a woman-lover,” as we say, “I may die to-night”; we say it, but we do not believe it, we make plans for the morrow.
 -- The Fugitive

And if one did believe it, one wouldn't actually be alive any more.

There are some things we can't possibly believe. Wittgestein has once formulated this very clearly. Even if somebody presented a proof that God didn't exist, that proof could never cause any difference in the belief of a religious man.

But it is a very awkward thought. Because there are ill people, old people, people in great danger, who - not to be naive - can't really make plans for the time to come. What is it, then, that keeps them alive?

It's just so difficult to be human.

Thursday, 28. December 2006

Proust über Proust

Denn niemals wiederholt sich etwas genau in der gleichen Weise, und Existenzen, die die meisten Analogien aufweisen und die man wegen der Ähnlichkeit ihrer Charaktere und der Gleichheit der Umstände auswählen kann, um an ihnen einen symmetrischen Ablauf nachzuweisen, bleiben doch in vielen Punkten einander entgegengesetzt.
-- Die Entflohene, Bd. 3, S. 3430

Was der Erzähler Marcel hier über Swann sagt, hätte vermutlich auch der Autor Proust über Marcel sagen können.

Tatsächlich ist es ja eine beliebte Interpretationsweise, die Verbindungen zwischen autobiografischen Elementen von Marcel Proust und der Handlung der Recherche nachzuweisen. Vielleicht will Proust und mit dieser Passage tatsächlich darauf hinweisen (wie vielleicht auch hier), dass eine Übereinstimmung in einigen Punkten nicht bedeuten kann, der Roman sei tatsächlich als Autobiografie konzipiert.

Nichtsdestoweniger würde er, wenn er uns dies tatsächlich mit der Stimme seines Erzählers mitteilte, dessen Name sogar dem seinen gleicht, sich selbst widersprechen - zumal auf sehr kunstvolle Weise.
For nothing is ever repeated exactly, and the most analogous lives which, thanks to the kinship of the persons and the similarity of the circumstances, we may select in order to represent them as symmetrical, remain in many respects opposite.
-- The Fugitive


What Marcel, the narrator, mentions here with regard to Swann, Proust, the author, probably could have said with regard to Marcel as well.

Tracking down connections between the life of Marcel Proust and the plot of the novel is indeed a common way of interpreting Proust. What Proust is trying to tell us with this passage (as he maybe does here) may therefore well be, that such an accordance does in no way point out that the novel really is an autobiography.

Anyway, if he'd be telling us this though the voice of his narrator, whose name is even the same as his own, he'd be contradicting himself in a very artful way.

Wednesday, 27. December 2006

Big Yellow Taxi

Wenn eine Krankheit, ein Duell, ein durchgehendes Pferd bewirken, dass wir dem Tode ins Auge sehen, so meinen wir, wir hätten sonst noch das Leben, die Lust oder unbekannte Länder in Hülle und Fülle genießen können. Ist aber einmal die Gefahr vorbei, so finden wir nichts anderes wieder als das gleiche trübselige Leben, in dem von alledem für uns nichts existierte.
-- Die Entflohene, Bd. 3, S. 3409

Was Proust hier beschreibt, ist tatsächlich eine sehr bedrückende Eigenschaft unserer Existenz. Die kanadische Liedermacherin hat es einmal so ausgedrückt: Don't it always seem to go, that you don't know what you got 'till it's gone?

Aber Prousts Fazit ist fast noch schlimmer: mehr noch als diese (zu) späte Einsicht ist es das Problem, dass in unserem alltäglichen Leben wir noch nicht einmal daran denken, die Dinge zu verwirklichen, die wir eigentlich einzig als lebenswert anerkennen würden.

Ich bin ja seit diesem Wintersemester Student der Physik, ein ohne Frage interessantes Studienfach, das sich allerdings seine Studenten was den Zeitaufwand anbetrifft unaufhaltsam gleichsam einverleibt. Nur wenn ich mich einmal einen Nachmittag in Ruhe auf das Sofa lege und meine Gedanken nicht durch irgendwelche physikalischen Überlegungen unterbrechen lasse merke ich, wie arm mein Leben eigentlich an - naja - Leben ist. Und das wäre es ehrlich gesagt wohl auch, wenn ich mich nicht so viel mit Physik zu beschäftigen hätte, einfach durch die unvermeidliche Routine. Ich bin nun weder schwer krank, noch reite, noch duelliere ich mich regelmäßig - aber ab und zu wird auch mir das beschriebene Gefühl bewusst.

Nur was soll man tun...?

Let an illness, a duel, a runaway horse make us see death face to face, how richly we should have enjoyed the life of pleasure, the travels in unknown lands which are about to be snatched from us. And no sooner is the danger past than what we find once again before us is the same dull life in which none of those delights had any existence for us.
-- The Fugitive

What Proust describes here is indeed a depressing feature of our existence. The canadian singer-songwriter Toni Mitchell has once expressed like this: Don't it always seem to go, that you don't know what you got 'till it's gone?

Yet Proust conclusion is even worse: even more than this (too) late insight it is the problem, that in our everyday life we do not think of realizing the things which we would consider worth living for.

Since October I am a student of physics, no doubt an interesting field of study, yet one that so to say inevitably fully occupies its students in terms of the time one needs to spend on it. Only once in a while, when I take my time to lie down on the sofa and not let my thoughts be interrupted by physical reasoning do I recognize, how little - well - life there is in my life. And honestly speaking, it might not be all too different even if I didn't have to spend so much time on physics, simply by the effect of the inevitable routine. So although I'm neither seriously ill, nor do I ride a lot, nor do I duel on any regular basis - once in a while I'm also conscious of the feeling described.

Yet what shall you do...?

Tuesday, 26. December 2006

Hollywood

Es ist ein bisschen wie im Kino, wenn am Ende dieses Hollywood-Streifens (eine Liebeskomödie übrigens) mal wieder der alte Trick mit der Verfolgung am Flughafen herhalten muss. Man würde die Geschichte niemals glauben -- aber man hat seinen Eintritt bezahlt, es war bisher recht unterhaltsam bis wirklich nett und es ist - naja - eben die Schlüsselszene. Ein Banause, der Schlimmes dabei denkt. Wir wollen ja nicht alles miesmachen.

Und so ist es auch bei Proust, in einer Schlüsselszene, wegen der "Die Entflohene" wohl doch sehr melancholisch werden müssen wird, angefangen mit der folgenden dramatisch-schicksalhaften Begebenheit, die ich Proust auch nicht abkaufen würde, wenn ich nicht schon auf Seite 3400 wäre, es wirklich gut erzählt wäre und es einfach eine unerwartete Wendung ist, die die Sache tatsächlich einmal spannend (in üblichen Sinne) macht.

Wir erinnern uns: Marcel und Albertine hatten sich nach Albertines plötzlicher Abreise Briefe geschrieben, in denen zumindest Marcel durch seine vorgetäuschte Gleichgültigkeit Albertine zur Rückkehr hatte bewegen wollen. Doch selbst das Meisterwerk dieser diplomatischen Kunst - ein Brief, in dem Marcel vorgibt, sich mit Albertines Freundin Andrée verloben zu wollen - verfehlt sein Ziel. Marcel gibt auf, seine Sehnsucht übermannt ihn:

Ich ließ allen Stolz Albertine gegenüber fahren, ich schickte ihr ein verzweifeltes Telegramm, in dem ich sie bat, unter welchen Bedingungen auch immer zu mir zurückzukehren. Sie könne tun, was sie wolle, ich bäte sie einzig darum, mich dreimal in der Woche, bevor sie schlafen gehe, eine Minute zu küssen, Und hätte sie gesagt 'einmal nur', so hätte ich mich auch mit einem Mal angefunden.
-- Die Entflohene, Bd. 9 / Bd. 3, S. 3399


Doch es ist zu spät. Kaum das eigene abgeschickt, erhält er ein Telegramm von Albertines Tante, Madame Bontemps:

Sie kehrte niemals zurück. [...] "Armer Freund, unsere kleine Albertine ist nicht mehr, verzeihen Sie mir, dass ich Ihnen, der Sie so sehr an ihr hingen, etwas so Furchtbares sagen muss. Sie ist bei einem Ausritt vom Pferd gegen einen Baum geschleudert worden. [...]"
-- Die Entflohene, Bd. 9 / Bd. 3, S. 3399


Wie einst beim Tode seiner Großmutter, bricht eine Welt für Marcel zusammen und er merkt (zu spät, und hierzu folgt der nächste Blog-Eintrag), wie unersetzlich Albertine für ihn gewesen ist. Doch es kommt noch tragischer, als Françoise hereintritt:

Françoise, die noch von nichts wusste, trat in mein Zimmer ein; mit wütender Miene rief ich ihr zu: "Was gibt es denn?". Da aber [...] kam es von ihr: "Monsieur hat keinen Grund, böse zu sein. Monsieur wird sich im Gegenteil freuen, hier sind nämlich zwei Briefe von Mademoiselle Albertine."

Ich war mir später bewusst, dass ich die Augen eines Menschen gehabt haben muss, dessen Geist aus den Fugen gerät. Ich war nicht einmal glücklich oder ungläubig. Ich war wie jemand, der dieselbe Stelle des Zimmers von einem Kanapee und einer Grotte eingenommen sieht. Da ihm nichts mehr wirklich scheint, bricht er einfach zusammen. Die beiden Briefe Albertines mussten kurz vor dem Ausritt, bei dem sie umgekommen war, abgefasst worden sein. Der erste lautete:

"Lieber Freund, ich danke Dir für das Vertrauen, das Du mir durch die Bekanntgabe Deiner Absicht beweist, Andrée zu Dir kommen zu lassen. [...] Ich glaube, Du hast da eine Idee gehabt, aus der für sie und Dich viel Gutes entstehen kann. Wenn Sie also die geringsten Schwierigkeiten macht [...], schicke mir ein Telegramm, ich übernehme es dann, auf sie einzuwirken."

Der zweite war einen Tag später datiert. In Wirklichkeit hatte sie beide sicherlich in kurzem Abstand voneinander geschrieben [...]. Er enthielt nur die folgenden Worte:

"Wäre es zu spät, dass ich zu Dir zurückkomme? [...] Ich beuge mich deinem Entschluss [...]. Wenn ich zu Dir zurückkommen darf, würde ich gleich den nächsten Zug benutzen. Von ganzem Herzen die Deine, Albertine"

-- Die Entflohene, Bd. 9 / Bd. 3, S. 3400f


Man hätte das vermutlich nicht besser schreiben können. Nichts hätte besser diese Stelle des Romans ausgefüllt, als diese fast unheimliche Tragik der beiden unabhängigen und doch postumen sehnsuchtsvollen Versöhnungswünsche.

Es bleibt für einen einfachen, kleinen Blogger wie mich nichts mehr dazu hinzuzufügen -- Frohe Weihnachten (und was noch alles so anfällt) Ihnen allen!
It's a bit like going to the movies, when at the end of this Hollywood production (a romantic comedy) it's again got to be the old lie with the rush to the airport. You'd never buy that story if anybody told it -- but you did pay the cinema ticket, it's been rather entertaining and even quite nice and it's - you know - a key scene. Only a philistine would criticize it. We don't wanna spoil everything, now really.

And that's what it is with Proust, in a key scene that is the reason why "The Fugitive" will probably be quite bleak a story. It all begins with the following dramatic and fateful incident, which I wouldn't buy either, weren't it for the fact that I'm already on page 3400, it's told quite brilliant and it's just an unexpected turn that makes the whole novel once again exciting (in the ususal sense of the word).

Let's recollect the love story so far: After Albertine's sudden departure, Marcel and Albertine had written each other letters, in which at least Marcel had been trying to make Albertine come back to him simply by pretending to be indifferent towards her. But even his masterpiece of this diplomatic art - a letter in which Marcel claims to plan an engagement with Andrée - just doesn't quite do it. Marcel surrenders to his overwhelming longing:

I forsook all pride with regard to Albertine, I sent her a despairing telegram begging her to return upon any conditions, telling her that she might do anything she liked, that I asked only to be allowed to take her in my arms for a minute three times a week, before she went to bed. And had she confined me to once a week, I would have accepted the restriction.
-- The Fugitive


But it's already too late. Just having sent his own, he receives a telegram from Madame Bontemps, Albertine's aunt:

She did not, ever, return. [...] "My poor friend, our little Albertine is no more; forgive me for breaking this terrible news to you who were so fond of her. She was thrown by her horse against a tree while she was out riding. [...]"
-- The Fugitive


As with the dead of his grandmother, Marcel's world is breaking apart. Too late (as you'll see in the next posting here) he recognizes how irreplacable Albertine has been for him. But the tragedy continues to grow as Françoise steps into the room:

Françoise, who still knew nothing, came into my room; in a sudden fury I shouted at her: "What do you want?" Then [...] she said to me: "Monsieur has no need to look cross. I’ve got something here that will make him very happy. Here are two letters from Mademoiselle Albertine."

I felt, afterwards, that I must have stared at her with the eyes of a man whose mind has become unbalanced. I was not even glad, nor was I incredulous. I was like a person who sees the same place in his room occupied by a sofa and by a grotto: nothing seeming to him more real, he collapses on the floor. Albertine’s two letters must have been written at an interval of a few hours, possibly at the same moment, and, anyhow, only a short while before the fatal ride. The first said:

"My dear, I must thank you for the proof of your confidence which you give me when you tell me of your plan to get Andrée to stay with you. [...] I feel that you have had an idea from which as much good may spring for her as for yourself. And so, if she should make the least shadow of difficulty [...], telegraph to me, I undertake to bring pressure to bear upon her."

The second was dated on the following day. (As a matter of fact, she must have written her two letters at an interval of a few minutes [...].) It contained only these words:

"Is it too late for me to return to you? [...] I shall abide by your decision [...]. If it is telling me to return, I shall take the train at once. With my whole heart, yours, Albertine."

-- The Fugitive


You probably couldn't have written it any better. Nothing would have fitted into that place in the novel better than this almost eerie tragic of the two independent, longing and yet futile attempts for reconciliation.

There's nothing left to say to that for a simple, little Blogger like me -- Merry Christmas (or whatever else there is) to you all!

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